CEO der Azerfon in Aserbaidschan
Gunnar Pahnke leitet seit acht Jahren die Azerfon LLC, ein Mobilfunkanbieter in Aserbaidschan. Azerfon agiert mir vielen strategischen Partnern und bietet ein Ecosystem mit breit diversifiziertem Produktportfolio an: Mobilfunk, Festnetz, TV, EndgerĂ€te, Fintech- und Adtechlösungen. Im GesprĂ€ch gibt Gunnar Einblicke in seine Strategiearbeit, seine FĂŒhrungskultur und die Besonderheiten eines Marktes, der zugleich von geopolitischer Spannung wie auch wirtschaftlichem Aufbruch geprĂ€gt ist.
Frage: Was macht eine gute Strategie aus â und wie stellst du sicher, dass sie nicht nur verstanden, sondern auch gelebt wird?
Antwort: Eine Strategie ist bei uns stark CEO-getrieben. Sie wird in einem Dreijahresrhythmus entwickelt, gemeinsam mit dem FĂŒhrungsteam und dem Aufsichtsrat. Entscheidend ist: Die Umsetzung ist direkt mit den Bonuszahlungen aller CXOs verknĂŒpft â ĂŒber drei Jahre. Das schafft Bindung, Verbindlichkeit und eine starke Performance-Orientierung. Das Gesamtpaket hĂ€ngt zu ca.  90% am Strategieerfolg; ein Grossteil des Bonus wird nicht jĂ€hrlich ausgezahlt, sondern erst nach Ablauf der drei Jahre â und orientiert sich klar an finanziellen KPIs wie Umsatz, Marktanteil, Gewinn und Cash-Generierung.
Und die Exekution? Wie schaffst du es, dass PS auf die StraĂe kommen?
Ganz klar ĂŒber finanzielle Steuerung. Die VerknĂŒpfung der strategischen Ziele mit der VergĂŒtung fĂŒhrt zu einer extremen High-Performance-Kultur. Auf der anderen Seite der Medaille sehen wir, dass unser Arbeitsmarkt extrem volatil ist â fĂŒr 2% mehr Gehalt wechseln gute Leute sofort. Wir setzen daher auf interessante Projekte fĂŒr hungrige Talente, klare Rollenbeschreibungen, stringente Aufgabenverteilung und ein leistungsbezogenes VergĂŒtungssystem auch auf Mitarbeiterebene.
Die wirklich entscheidende Umsetzungskraft liegt aber oft auĂerhalb: Das Wachstum unseres Ecosystems in neue Bereiche basiert stark auf M&A, weniger auf Partnerschaften. Und da ist Verhandlungsgeschick gefragt.
Welche Besonderheiten gibt es in diesen Verhandlungen zu beachten?
Wenn wir in neue GeschĂ€fte investieren, setzen wir auf anorganisches Wachstum, weil wir glauben, dass es damit besser und schneller geht. DafĂŒr mĂŒssen wir wesentliche Player unserer Expansionsbereiche im Land akquirieren. Doch in einem Markt, der relativ klein und ĂŒberschaubar ist, und wo diese Player wissen, dass unser Wachstum davon abhĂ€ngig ist, wird oft ein strategisches PrĂ€mium verlangt. Dieses wollen wir in der Verhandlung natĂŒrlich minimieren. Zudem ist uns in der Post-Merger-Integration wichtig, die SchlĂŒsselmitarbeiter zu behalten.
Was sind aus deiner Sicht Indikatoren fĂŒr eine gesunde Unternehmenskultur?
Wir verlassen uns nicht allein auf Mitarbeiterumfragen. Viel wichtiger sind harte Indikatoren wie Fluktuation bei den SchlĂŒsselpersonen â und deren gezielte Bindung. Wir haben rund 10% der Belegschaft als strategisch relevant identifiziert. Dort achten wir genau auf Verbleib, Entwicklung und Motivation. Anhand klarer KPIs behalten wir diese Gruppe im Auge, denn von dort strahlt eine Wirkung ins ganze Unternehmen aus. Der Hauptmesspunkt fĂŒr eine gesunde Kultur ist am Ende die Erreichung unserer strategischen und operativen Ziele.
Wie hat sich dein FĂŒhrungsstil im Laufe der Zeit verĂ€ndert?
Er war schon immer sehr individuell. Ich fĂŒhre nach StĂ€rken und SchwĂ€chen, nicht nach Schema F. Wenn ich High-Performer habe, lasse ich sie laufen. Wennâs hakt, coache ich â intensiv, aber gezielt. Und wenn es nicht passt, dann lieber schnell klare Entscheidungen treffen und die Spieler auswechseln.
Und wie gehst du im FĂŒhrungsteam mit Meinungsverschiedenheiten um?
Die gibt es eigentlich nicht ĂŒber einen lĂ€ngeren Zeitraum. Strategische Entscheidungen werden gemeinsam getroffen â etwa zu Pricing, was maĂgeblich unsere operative Performance beeinflusst, oder Investitionen in neue GeschĂ€ftsfelder und Partnerschaften. Einmal beschlossen, ist der Rest Strategie-Exekution, das wird dann auch stringent durchgezogen.
Was lernst du selbst gerade dazu?
Zwei Themen beschĂ€ftigen mich stĂ€ndig: Technologie, etwa 5G, AI, neue GeschĂ€ftsfelder wie AdTech, und die Frage, wo wir als Gruppe strategisch investieren. Ich muss verstehen, was kommt â sonst treffen wir falsche Entscheidungen.
Du arbeitest in einem geopolitisch anspruchsvollen Umfeld. Wie gehst du mit kulturellen Unterschieden um?
Interkulturelle SensibilitĂ€t ist fĂŒr mich kein Trainingsthema â das ist Haltung. Zuhören, beobachten, verstehen. Wer mit der deutschen Besserwisser-MentalitĂ€t kommt, scheitert. Das beste Training ist Offenheit, und da lerne ich auch nach acht Jahren im Land tĂ€glich dazu.
Das Interview fĂŒhrten wir im Juni 2025.